DOMSCHATZ MINDEN - Beschreibung

Die Ansichtsseite bzw. die Reliquienseite des Vortragekreuzes, das wegen seiner Verwendung im Domkapitel als Kapitelkreuz bezeichnet wird, enthält in der Mitte einen oval geschliffenen Bergkristall, unter dem sich eine Kreuzreliquie befindet. Bereits in den Weihenachrichten von 1064 sind Splitter des Heiligen Kreuzes erwähnt. Für das frühere, vermutlich zerstörte Kreuz mit der Reliquie wurde unter Verwendung einer römischen Kamee mit dem Bildnis des Kaisers Nero (1. Jahrhundert) Anfang des 16. Jahrhunderts ein neues geschaffen. Die zeichnerischen Vorlagen für den Figurenschmuck gehen auf Martin Schongauer (Evangelistensymbole und hl. Petrus) und Albrecht Dürer (hl. Gorgonius) zurück, wodurch sich die Datierung auf nach 1508 ergibt.

In den Kreuz-Enden in Dreipassform sind Medaillons mit Darstellungen der vier Kirchenväter wiedergegeben, auf der "Kameenseite" ent- sprechend Medaillons mit den Evangelistensymbolen. Jeweils am unteren Längsbalken eingraviert unter der Kreuzreliquie der hl. Petrus, unter dem Kaiserbildnis auf der anderen Seite der hl. Gorgonius.

Ein Vortrage- bzw. Prozessionskreuz wird zu besonderen Anlässen - wie etwa bei der Einführung eines neuen Dompropstes oder dessen Beerdigung - an einer Stange befestigt vorausgetragen. Vor Aufhebung des Bistums Minden wurde dieses Kreuz dem Bischof vorangetragen. Die Tradition geht auf Byzanz zurück, als dem Kaiser als Feldzeichen ein Gemmenkreuz mit einer Kreuzreliquie vorangetragen wurde.